Tigris und Euphrat
Aus Liebe zu Tigris und Euphrat
In Zeichen zu Buchstaben, die Sprachen neu entfachten,
Zum tiefen Erbe alter Zeiten,
Woran die Wanderer sich leiten,
Zum Duft von Sumer und der Stele,
Die mit den Baumeistern die Welt erzähle,
Zum Dattelbaum, der auf dem Land
Seit Adams Tagen ewig stand.
Erwachst du nun aus tiefem Schlaf,
wirst Kleid du den Entblößten brav.
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Ein Lied voll Andacht wird in dir erstehn,
Des Epos Urquell Uruk wirst du sehn,
Das jeden Dichter einst beseelt,
Der sehnsuchtsvoll uns viel erzählt.
Für die Verliebten, die mit Händen
das Mögliche ins Wunder wenden.
Denn was das Leben wirklich meint,
sind Tigris und Euphrat – neu vereint.
Gedicht. Mufid Aziz Al-Baldawi
Übersetzt mit Unterstützung von ChatGPT
Überarbeitet von Nicola Abbas
Dieses Gedicht erhebt sich wie eine Hymne der Liebe an Tigris und Euphrat – nicht nur als Flüsse, sondern als lebendige Erinnerung und Ursprung des Daseins. Der Dichter lässt die Größe der mesopotamischen Zivilisation aufleuchten: den Duft von Sumer, die Stele, die das Geheimnis der Schrift trug, und die Palmen, die seit Anbeginn der Menschheit über das Land wachen. Aus der Tiefe der Geschichte wendet er sich der Gegenwart zu und verkündet, dass Irak aus seinem Schlaf erwachen und sich wie ein Gewand über die Bedürftigen legen wird – ein Bild für Erneuerung und Hoffnung.
In dieser Vision begegnen sich die erste Erzählung aus Uruk und die Gesänge der Liebenden, bei denen das Lied zu einem Gebet und die Möglichkeit zur Verwirklichung eines Wunders wird. So erscheinen Tigris und Euphrat nicht als bloße Landschaft, sondern als Quelle der Inspiration, die Generationen von Dichtern und Erzählern genährt hat – und als Essenz der Wahrheit, dass das Leben selbst aus diesen beiden Strömen geboren ist.
Diese Verse wurden auf die Maqāmāt Khanbāt und Nawā vertont – zwei Modi, deren historische Wurzeln bis in die Abbasidenzeit zurückreichen und die aus dem kulturellen Umfeld Mesopotamiens hervorgegangen sind, wo Kunst und Wissenschaft in Bagdad eine Blütezeit erlebten.
Der Komponist Bassem Hawar hat den geistigen Kern dieser Modi aufgegriffen und ihn in einer ästhetischen Synthese mit Elementen der europäischen Klassik neu gestaltet. Die Aufführung erfolgte in vier parallelen und verflochtenen Gesangslinien, begleitet vom europäischen Orchester und dem Nouruz Ensemble.
Der Text wurde dabei in arabischer Sprache sowie in einer poetischen deutschen Übersetzung präsentiert, eingebettet in ein einheitliches Opernwerk. Diese Konzeption stellt ein exemplarisches Modell für den interkulturellen Dialog dar und zeigt, wie musikalische Traditionen und Sprachen über Jahrhunderte hinweg in fruchtbare Wechselbeziehungen treten können.
Text: Bassem Hawar
geboren 1972 in Bagdad, Irak, studierte am Konservatorium in Bagdad irakische und orientalische Musik mit Hauptfach Djoze. An der Universität studierte er außerdem Geige und Musikwissenschaft.
Mehrere Jahre lang unterrichtete er am Konservatorium und an der Musikschule in Bagdad Djoze, Geige und Musiktheorie. Er spielte in verschiedenen, dem Kulturministerium unterstellten Formationen, wie Al Bayariq, Al Nahar al jadid, Babel und dem staatlichen Sinfonieorchester. Zusammen mit seinem Bruder Saad Mahmood gründete er die Gruppe Melodic.
Bassem Hawar baut seine Instrumente selbst. Er entwickelte die Djoze weiter, so dass sie alle Formen arabischer und europäischer Musik spielen kann und nicht auf ihren traditionellen Bereich, den irakischen Maqam begrenzt bleibt. Nach seinem Entwurf werden heute Instrumente als „Bassems Djoze“ gebaut.
2018 gründete er das Nouruz Ensemble, in dem die Musiker eine zeitgenössische orientalische Kunstmusik weiterentwickeln möchten. Das Ensemble wurde für die Saison 2019/20 in das „Förderprogramm Musikkulturen“ des Landes NRW aufgenommen. Auch bei solistischen Auftritten in verschiedenen Projektensembles kann man Bassems Virtuosität bewundern. Bassem Hawar ist Preisträger des WDR Jazzpreises 2020 Kategorie Musikkulturen.
Herzlich Willkommen
Mitwirkende
Dank an Förderer und Möglichmacher
Das Projekt
Karl Jenkins "Stabat Mater"
Bassem Hawar "Tigris und Euphrat"
Wilfried Kaets "Jaanipaev Uuejärve"
Musikalische Leitung
Neues rheinisches Kammerorchester
Orientalisches Nouruz Ensemble
Karin Wöpking: Mezzosopran
Sabina Krauze: Orientalischer Gesang
RochusChor Köln-Bickendorf